Archiv 20. Oktober 2017

Fluggastrechte – Ausgleichsanspruch trotz Ersatzflug

Fluggastrechte // Urteil des BGH – X ZR 73/16 – vom 10. Oktober 2017 zu Ausgleichsansprüchen bei verspätetem Ersatzflug

Der BGH hat erneut die Rechte von Flugreisenden gestärkt. Mit Urteil vom heutigen Tage stellte er fest,
dass eine Fluggesellschaft auch dann zur Erbringung von Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung verpflichtet ist, wenn der Fluggast mit dem von der Fluggesellschaft infolge einer Flugannullierung angebotenen Ersatzflug sein Endziel erst mit mehr als zwei Stunden Verspätung erreicht. Dem Urteil lag eine Klage von Flugreisenden zugrunde, die einen Flug von Frankfurt nach Sydney über Singapur gebucht hatten. Der erste Teilflug von Frankfurt nach Singapur wurde annulliert, der den Flugreisenden angebotene Erstazflug verspätete sich um 16 Stunden. In der Folge erreichten die Passagiere ihr Reiseziel erst mit einer Verspätung von 23 Stunden.

Für diese Verspätung haftet die Fluggesellschaft nach Ansicht des BGH trotz des Umstandes, dass ein Ersatzflug angeboten und von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt worden war. Der Fluggast verliert nicht bereits durch das Angebot eines Ersatzfluges seine Ausgleichsansprüche gegen die ursprüngliche Fluggesellschaft und ist nicht verplichtet, im Falle einer Verzögerung des Ersatzfluges
das den Flug tatsächlich ausführende Luftfahrtunternehmen in Anspruch zu nehmen.

Autor: Rechtsanwalt Johannes Winkler

BGH zum filesharing

IT-Recht // Urteil des BGH – I ZR 19/16 – vom 30. März 2017 zur Haftung wegen filesharings:

Mit einem weiteren Urteil zum Thema filesharing hat sich der BGH zu der Frage geäußert,
mit welchen Angaben der Inhaber eines Internetanschlusses seiner sekundären Darlegungslast genügt.
Wird über einen Internetanschluss eine Verletzung von Urheberrechten, wie z.B. filesharing von Musikstücken oder Filmen vorgenommen, so spricht zunächst eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn dieser zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung alleinigen Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Diese tatsächliche Vermutung kann von dem Anschlussinhaber unter anderem dadurch entkräftet werden, dass er Angaben zu möglichen anderen Tätern macht, die zur Tatzeit die Möglichkeit hatten, den Internetanschluss zu nutzen. Es ist mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, dass der Anschlussinhaber dabei im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet ist, Nachforschungen über die Identität des potentiellen Täters anzustellen und seine Erkenntnisse mitzuteilen. Ist ihm der Täter z.B. nametlich bekannt, muss er diese Information an den Rechteinhaber weitergeben.

Der BGH hat nun entschieden, dass sich der Anschlussinhaber hierbei nicht auf eine Art Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf Familienmitglieder berufen kann, wie man es z.B. aus dem Strafrecht kennt. Hat der Anschlussinhaber also Kenntnis von der Täterschaft z.B. des Sohnes oder der Ehefrau, genügt er seiner sekundären Darlegungslast nur, wenn er dem Rechteinhaber über die Identität des Täters Auskunft erteilt. Im Rahmen einer hierzu angestellten Grundrechtsabwägung stellt der BGH fest, dass der für den Anschlusinhaber sprechende Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu einem Zurückhalten von Informationen dieser Art berechtigt.

Autor: Rechtsanwalt Johannes Winkler, Fachanwalt für IT-Recht

EuGH zu Hotline-Kosten

IT-Recht // Urteil des EuGH – C-568/15 – vom 02.03.2017 zu Kosten von Service-Hotlines:

Der EuGH hat aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Landgerichts Stuttgart die Frage entschieden,
ob es mit europäischem Recht vereinbar ist, dass einem Verbraucher, der telefonisch Kontakt zu einem Unternehmer
aufnehmen möchte, unter der hierfür eigens eingerichteten 0180-Rufnummer höhere Kosten als bei einem
normalen Telefonat unter einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer entstehen.
Nach Ansicht des EuGH ist dies nicht der Fall. Die Berechnung von zusätzlichen Gebühren stellt einen Verstoß gegen
die EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher dar, wenn der Verbraucher eine 0180-Rufnummer wählen muss,
um Kontakt zu einem Unternehmer herzustellen, mit dem er vertraglich verbunden ist. Danach dürfen die Kosten einer
von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines normalen Anrufs unter einer gewöhnlichen
„geografischen“ Festnetz- oder Mobilfunknummer nicht übersteigen. Was unter einer „geografischen“ Rufnummer zu verstehen ist,
ließ der EuGH dabei offen. Nichtsdestotrotz dürfte das Urteil eine weitere Abmahnwelle lostreten.

Autor: Rechtsanwalt Johannes Winkler, Fachanwalt für IT-Recht

Schlichtungslink bei ebay

IT-Recht // Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz – Az. 9 W 426/16 – zur Informationspflicht von eBay-Händlern:

Nach Ansicht des Gerichts trifft auch eBay-Händler die seit dem 09. Januar 2016 geltende Hinweis- und Verlinkungspflicht auf eine europäische Schlichtungsplattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform).

Ein bereits vorhandener Link der Handelsplattform selbst ist nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend.
Das Urteil dürfte dem Wortlaut nach auch auf andere Plattformen wie z.B. Amazon zu übertragen sein.

Autor: Rechtsanwalt Johannes Winkler, Fachanwalt für IT-Recht